Auf eine ausreichende Nährstoffzufuhr zu achten ist immer empfehlenswert, in der Schwangerschaft und Stillzeit ist es jedoch besonders wichtig, auch für das Baby. Wenn in diesen kritischen Situationen ein Mangel an irgendeinem wichtigen Nährstoff besteht, wirkt sich das nicht nur auf die Mutter, sondern auch auf die Entwicklung des ungeborenen Kindes und dessen gesamtes späteres Leben negativ aus. Cholin ist einer jener Mikronährstoffe, ohne die der Körper nicht richtig funktionieren kann. Wir erklären dir, warum Cholin in der Schwangerschaft so wichtig ist.
Leider wird die Wichtigkeit des Nährstoffs nicht genug betont, obwohl laut Studienergebnissen nur knapp 10% der Menschen die erforderliche Mindestzufuhr erreichen. Diese Zahl ist auch deshalb besorgniserregend, weil der Bedarf an Cholin in der Schwangerschaft steigt, und eine unzureichende Cholinzufuhr das Risiko von Schwangerschaftskomplikationen erhöht und auch die Entwicklung des Embryos negativ beeinflussen kann. (1) Darüber hinaus stellten mehrere Studien fest, dass eine höhere Cholinzufuhr bzw. eine Ergänzung von Cholin in der Schwangerschaft positive Wirkungen hatten.
Warum ist Cholin in der Schwangerschaft so wichtig?
Die extreme Wichtigkeit von Cholin in der Schwangerschaft wird dadurch deutlich, dass die Cholinkonzentration im Fruchtwasser das Zehnfache vom Cholinspiegel ist, der im Blut der Mutter gemessen werden kann. Der Cholinspiegel des Embyos und der des Neugeborenen ist das 6- bis 7-fache. (2) Auch in der Plazenta ist Cholin in konzentrierter Form zu finden, der Körper tut also alles dafür, um dem Embryo genügend Cholin bereitzustellen. Der Cholingehalt der Muttermilch ist mit 125-166 mg/l zwar nicht außergewöhnlich hoch, aber im Verhältnis zum Körpergewicht ist die Cholinzufuhr von Neugeborenen immer noch deutlich höher als die von Erwachsenen. (3) Die Cholinversorgung des Fötus und des ungeborenen Kindes wird somit durch die Cholinzufuhr der Mutter bestimmt. Wenn die Mutter mehr Cholin zuführt, bekommt auch das Embryo mehr und auch die Muttermilch für den Säugling enthält nach der Geburt mehr davon. (4)
Welche positiven Auswirkungen hat eine erhöhte Cholinzufuhr auf die fetale Entwicklung?
In einer randomisierten Studie aus dem Jahr 2018 untersuchten Forscher die Auswirkungen unterschiedlicher Mengen Cholin in der Schwangerschaft. Die Probandinnen wurden in zwei Gruppen eingeteilt und erhielten ab dem dritten Trimester 480 mg, bzw. 930 mg pro Tag. (6)
Man testete die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung und das visuell-räumliche Gedächtnis von Säuglingen im Alter von 4, 7, 10 und 13 Monaten. Die Reaktionszeiten waren bei jenen Säuglingen, deren Mütter ca. 930 mg Cholin bekamen, wesentlich schneller. Die Forscher stellten daher fest, dass das Doppelte der zur Zeit empfohlenen Dosis die Fähigkeit der Informationsverarbeitung bei Kindern deutlich verbessert. Selbst bei den Säuglingen, die 480 mg Cholin bekamen, konnte eine lineare Verbesserung beobachtet werden. Das deutet darauf hin, dass bereits eine leichte Erhöhung der Cholinzufuhr eine positive Wirkung auf die kognitiven Fähigkeiten von Kindern haben kann.
In einer ähnlichen klinischen Untersuchung nahmen die Probandinnen ebenso eine Menge von 930 bzw. 480 mg Cholin zu sich. Sieben Jahre später untersuchte man, welche Auswirkungen die höhere Cholinzufuhr auf die kognitiven Fähigkeiten ihrer Kinder hatte. (7) Die Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft um die 930 mg Cholin bekamen, konnten sich viel länger auf eine Aufgabe konzentrieren und lösten sie mit weniger Fehlern, als die, deren Mütter nur 480 mg bekamen. Nichtsdestotrotz sind 480 mg Cholin viel mehr als schwangere Frauen durchschnittlich zu sich nehmen.
Aufgrund eines weiteren interessanten Aspekts fanden die Forscher einen weiteren Unterschied zwischen den Mitgliedern der beiden Gruppen. Die Cortisolkonzentration in der Nabelschnur war bei jenen Müttern, die täglich 930 mg Cholin bekamen, um 33% niedriger. Nach Meinung der Forscher deutet das darauf hin, dass eine höhere Cholinzufuhr zu positiven epigenetischen Veränderungen führte, die die Stresstoleranz der Neugeborenen und die Entwicklung ihres Nervensystems wahrscheinlich günstig beeinflussten. (8)
Cholin in der Schwangerschaft mindertschädliche Wirkungen
Die schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums in der Schwangerschaft sind gut bekannt. Es wird empfohlen, während der Schwangerschaft überhaupt keinen Alkohol zu konsumieren, da er dem Nervensystem und der Entwicklung des Fötus schaden kann. Leider kommt es vor, dass Schwangere wegen ihrer Abhängigkeit dennoch Alkohol trinken, was zum sogenannten fetalen Alkoholsyndrom führen kann. In einer randomisierten Studie im Jahr 2018 wurde die Einnahme von Cholin in der Schwangerschaft bei Alkoholikerinnen untersucht. Die Forscher kamen zur Feststellung, dass eine höhere Cholinzufuhr die schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums verringerte, und sowohl das Nervensystem als auch das Wachstum von Neugeborenen sich verbesserte. (9)
In einer anderen klinischen Studie erwies sich die Einnahme von Cholin als Nahrungsergänzungsmittel bei Kindern mit fetalem Alkoholsyndrom als wirksam. Die Kinder verfügten dank der Ergänzung über eine höhere non-verbale Intelligenz, bessere visuell-räumliche Fähigkeiten und ein besseres verbales Gedächtnis. Gleichzeitig waren bei ihnen Hyperaktitivtät und Konzentrationsstörungen weniger charakteristisch als bei der Placebogruppe. (10)